0

Inkasso einfach erklärt: Rechte, Pflichten und Ablauf

Facebook
Twitter
LinkedIn
Pinterest

Einleitung

Inkasso ist für viele ein Reizwort. Wer einen Brief von einem Inkassounternehmen erhält, denkt sofort an hohe Kosten, negative SCHUFA-Einträge und Ärger mit Gerichten. Aber Inkasso ist viel mehr als nur Drohkulissen. Es ist ein rechtlich geregelter Prozess, der auf klaren gesetzlichen Grundlagen basiert und für Gläubiger wie Schuldner Rechte und Pflichten mit sich bringt.

Dieser Artikel erklärt dir ausführlich, was Inkasso bedeutet, wie der Ablauf rechtlich geregelt ist, welche Kosten entstehen dürfen, wie seriöse Inkassounternehmen arbeiten – und wie du dich vor unseriösen Forderungen schützt.

Was ist Inkasso?

Das Wort „Inkasso“ bedeutet schlicht Forderungseinzug. Es geht darum, dass eine offene Geldforderung im Auftrag eines Gläubigers eingezogen wird. In Deutschland darf diese Tätigkeit nicht jeder übernehmen. Inkassounternehmen benötigen eine Zulassung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und müssen im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sein.

Damit steht fest: Seriöses Forderungsmanagement ist keine Grauzone, sondern eine klar geregelte Dienstleistung.

Rechtliche Grundlagen des Inkassos

Ein Schuldner kommt nach § 286 BGB (Verzug des Schuldners) automatisch in Verzug, wenn er eine fällige Rechnung nicht innerhalb der gesetzten Frist begleicht. Spätestens 30 Tage nach Rechnungsstellung gerät ein Schuldner automatisch in Verzug – auch ohne Mahnung.

Ab diesem Zeitpunkt darf der Gläubiger neben dem Hauptbetrag auch:

  • Verzugszinsen (§ 288 BGB) verlangen.
    • Bei Verbrauchern: 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
    • Bei Unternehmern: 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
  • Verzugsschaden geltend machen – dazu gehören die Kosten eines Inkassobüros oder Anwalts.

Damit ist klar: Forderungsmanagement ist rechtlich abgesichert und kein „Druckmittel“, sondern ein legitimes Instrument zur Durchsetzung von Forderungen.

Ablauf eines Inkassoverfahrens

Der typische Ablauf sieht so aus:

  1. Rechnung und erste Mahnung – Das Unternehmen erinnert den Schuldner.
  2. Zweite Mahnung / letzte Frist – Der Ton wird ernster, die Kosten können steigen.
  3. Übergabe ans Inkassounternehmen – Das Inkasso übernimmt und fordert den Betrag plus erlaubte Nebenkosten.
  4. Inkassoschreiben – Schuldner erhält Post mit Zahlungsaufforderung, ggf. Vorschlag für Ratenzahlung.
  5. Gerichtliches Mahnverfahren – Wenn keine Einigung zustande kommt, beantragt das Inkassobüro im Namen des Gläubigers einen Mahnbescheid beim Amtsgericht.
  6. Vollstreckungsbescheid – Wird kein Widerspruch eingelegt, erhält der Gläubiger einen Vollstreckungstitel. Dieser ist 30 Jahre lang gültig.
  7. Zwangsvollstreckung – Pfändung von Konto, Gehalt oder Sachwerten durch den Gerichtsvollzieher.

Für Schuldner gilt: Spätestens beim gerichtlichen Mahnverfahren sollte man reagieren. Ignorieren ist der schlechteste Weg.

Was darf Inkasso kosten?

Einer der häufigsten Streitpunkte sind die Kosten. Grundsätzlich gilt: Inkassokosten dürfen nicht höher sein als die Gebühren, die ein Anwalt verlangen dürfte. Grundlage ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Beispielrechnung:

  • Forderungshöhe: 500 €
  • Anwaltsgebühr: ca. 70 € (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG)
  • Mahngebühren des Gläubigers: meist 5–15 €
  • Auslagenpauschale: ca. 20 €

Gesamtforderung: ca. 595 € (statt der ursprünglichen 500 €).

Alles darüber hinaus – etwa „Sondergebühren“, „Bearbeitungskosten“ oder pauschale Drohgebühren – sind rechtlich nicht haltbar und können zurückgewiesen werden.

Unterschiede zwischen Anwalt und Inkassounternehmen

Viele fragen sich: Warum Inkasso und nicht gleich ein Anwalt?

  • Inkassounternehmen spezialisieren sich auf das außergerichtliche Eintreiben von Forderungen. Sie arbeiten oft günstiger als Anwälte und haben eingespielte Abläufe für Mahnungen, Telefoninkasso und Zahlungsvereinbarungen.
  • Anwälte sind umfassender tätig. Sie vertreten vor Gericht, können Klagen einreichen und sind im juristischen Detail breiter aufgestellt.

In der Praxis nutzen viele Unternehmen zuerst ein Dienstleister für Forderungsmanagement und wechseln nur bei hartnäckigen Fällen zum Anwalt.

Rechte des Schuldners

Auch wenn man ein Schreiben erhält, heißt das nicht, dass man schutzlos ist. Schuldner haben klare Rechte:

  • Auskunftsanspruch: Man darf Belege verlangen (z. B. Rechnung, Mahnungen).
  • Prüfungsrecht: Forderungen können bestritten werden, wenn sie unberechtigt sind.
  • Verjährung: Viele Forderungen verjähren nach 3 Jahren (§ 195 BGB). Danach sind sie nicht mehr durchsetzbar.
  • DSGVO-Rechte: Daten dürfen nur im Rahmen der Forderungsbearbeitung genutzt werden. Unnötige Weitergabe ist verboten.
  • Schufa-Einträge: Negative Einträge dürfen nur erfolgen, wenn die Forderung unbestritten oder rechtskräftig tituliert ist.

Inkasso und SCHUFA

Ein oft gefürchtetes Thema ist die SCHUFA. Forderungseinzugsgesellschaft melden nicht jede Forderung sofort. Ein Eintrag ist nur dann zulässig, wenn:

  1. die Forderung unbestritten ist und trotz mehrfacher Mahnung nicht gezahlt wurde, oder
  2. ein Vollstreckungstitel (z. B. Vollstreckungsbescheid) vorliegt.

Das bedeutet: Wer rechtzeitig widerspricht oder eine unklare Forderung bestreitet, schützt sich in vielen Fällen vor einem negativen Eintrag.

Seriös oder unseriös – woran erkenne ich den Unterschied?

Seriöser Dienstleister:

  • Eingetragen im Rechtsdienstleistungsregister.
  • Transparente Gebühren, nachvollziehbare Forderungen.
  • Klare Kommunikation, erreichbarer Kundendienst.
  • Möglichkeit zu Ratenzahlungen oder Vergleichen.

Unseriöser Dienstleister:

  • Drohungen mit Polizei, Gefängnis oder Fantasie-Gebühren.
  • Konten im Ausland oder anonyme Absender.
  • Keine Nachweise über die Forderung.

Tipp: Ein Blick ins Register auf www.rechtsdienstleistungsregister.de reicht, um Seriosität zu prüfen.

Forderungsmanagement im Onlinehandel

Besonders Onlinehändler sind auf Inkassodienstleistungen angewiesen. Während im stationären Handel oft direkt bezahlt wird, gibt es im E-Commerce viele „No-Pay“-Fälle: Ware verschickt, Kunde zahlt nicht.

Ein konsequentes Forderungsmanagement ist hier wichtig, um Verluste gering zu halten. Ohne solche müssten die Händler diese Kosten in ihre Preise einrechnen – und am Ende würden ehrliche Kunden die Zeche zahlen.

Moderne Trends: KI im Aufkommen!

Auch die Dienstleister für Forderungsmanagement entwickeln sich weiter. Mit künstlicher Intelligenz können Schuldnerprofile analysiert werden. Ziel ist es, die Ansprache zu personalisieren:

  • Vergessliche Schuldner erhalten sanfte Erinnerungen per Mail oder SMS.
  • Schuldner in finanzieller Notlage bekommen flexible Ratenangebote.
  • Uneinsichtige Schuldner werden zielgerichtet an rechtliche Schritte erinnert.

Das erhöht die Erfolgsquote und senkt die Zahl der Fälle, die vor Gericht landen.

Tipps für Schuldner

  1. Nicht ignorieren: Wer ein Schreiben erhält, sollte sofort reagieren.
  2. Unterlagen prüfen: Rechnungen, Mahnungen und Verträge bereithalten.
  3. Nachweise verlangen: Bei Zweifeln immer Belege einfordern.
  4. Ratenzahlung anbieten: Seriöse Büros gehen darauf ein.
  5. Rechtliche Hilfe suchen: Verbraucherzentrale oder Anwalt können prüfen, ob die Forderung berechtigt ist.

Fazit

Inkasso ist kein Schreckgespenst, sondern ein normaler Bestandteil des Geschäftslebens. Für Unternehmen ist es ein wichtiges Instrument, um offene Rechnungen durchzusetzen. Für Schuldner bedeutet es: Rechte kennen, prüfen, reagieren.

Wer schnell handelt, kann oft hohe Kosten oder negative SCHUFA-Einträge vermeiden. Und wer weiß, wie seriöse Dienstleister funktionieren, erkennt schwarze Schafe sofort.

NOE Inkasso GmbH

Disclaimer

Die Inhalte dieses Artikels dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Trotz sorgfältiger Recherche können wir keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben übernehmen. Im konkreten Einzelfall solltest du dich an eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale wenden.

Auch interessant

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner